Prolog

ENGLAND 1665

Der Schrei durchschnitt die Nachtluft. An-und abschwellend, Zeugnis wilder Todesqualen, erfüllte er die riesige Kammer und hallte in den gewölbten Gängen wider. Die Bediensteten in den unteren Hallen des Schlosses zogen den Kopf ein und hielten sich die Ohren zu, um das durchdringende Kreischen abzuwehren. Selbst abgehärtete Soldaten in den Baracken machten das Zeichen des Mondes, des Beschützers der Nacht.

Im Südturm schritt der Herzog von Granville durch seine Privatbibliothek, die überschatteten Züge von Abscheu gezeichnet. Anders als seine Bediensteten bekreuzigte er sich nicht, um das Böse abzuwenden. Warum hätte er es auch tun sollen?

Das Böse hatte bereits zugeschlagen. Es war in seine Mauern eingedrungen und hatte es gewagt, ihn mit seinem Schmutz zu beflecken.

Ihm blieb nur eines: sich mit einem unbarmherzigen Schlag von der Verseuchung zu reinigen.

Er zog an der Kapuze seiner Robe, um sicherzustellen, dass sein verunstaltetes Antlitz vollständig verborgen war, und straffte grimmig die Schultern. Geduld, sagte er sich immer wieder. Sehr bald würde der Mond in das richtige Haus eintreten. Und dann würde das Ritual endlich sein Ende finden. Das Kind, das er den Hexen geopfert hatte, würde zu ihrem kostbaren Kelch werden, und sein Leiden würde beendet sein.

Er machte abrupt auf dem Absatz kehrt und marschierte zurück zu dem schmalen Fenster, das ihm tagsüber eine gute Sicht auf die prächtige Landschaft bot. In der Ferne konnte er den schwachen Schein von Feuern ausmachen. Er erschauderte. London. Das schmutzige, bauernverseuchte London, das für seine fürchterlichen Sünden bestraft wurde.

Eine Bestrafung, die sich aus den verkommenen Dirnenhäusern ergossen und bis zu seinem Zufluchtsort ausgebreitet hatte.

Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Es war unerträglich. Er war ein rechtschaffener Mann. Ein frommer Mann, der immer reich für seine Reinheit belohnt worden war. Dass diese... abscheuliche Krankheit in seinen Leib eingedrungen war, war eine Pervertierung all dessen, was ihm gebührte.

Natürlich war dies der einzige Grund, warum er es den Heiden gestattet hatte, seinen Grund und Boden zu betreten. Und jene Kreatur des Bösen mitzubringen, die gegenwärtig in seinem Kerker in Ketten lag.

Sie versprachen ihm Heilung.

Ein Ende der Plage, welche sein Leben zerstörte.

Und alles, was es ihn kosten würde, war eine Tochter.